Autismusspezifische Sozial-Kompetenz-Gruppen innerhalb der pädagogisch-therapeutischen Förderung und Begleitung von Menschen im Autismus-Spektrum sind im diagnostischen Bild (= Autismus-Diagnose) homogene Gruppen, in denen soziale Kompetenzen angebahnt, ausgebaut und/ oder gefestigt werden. Die Zusammensetzung der Gruppe erfolgt dabei mit Rücksicht auf:
- Alter
- Qualität und Quantität der autismusspezifischen Besonderheiten
- Komorbiditäten
- Interessen
- Aktuelle Lebenswelt und Entwicklungsthemen
Autismusspezifische Sozial-Kompetenz-Gruppen verstehen sich dabei primär als Erweiterung zum Einzelsetting, um die im Einzelsetting angebahnten sozialen Fertigkeiten und Schlüsselkompetenzen innerhalb einer Gruppe im strukturierten und überschaubaren Rahmen auszuprobieren, zu korrigieren, auszubauen und zu festigen. Darüber hinaus bietet die autismusspezifische Sozial-Kompetenz-Gruppe auch die Möglichkeiten, den Übergang aus einem lang begleitenden intensiven Einzelsetting hin zu einem geringer-frequentierten Angebot zu ermöglichen und so eine Ablösung der autismusspezifischen pädagogisch-therapeutischen Förderung zu unterstützen.
Das Ziel des Gruppenangebots ist es, die sozialen Kompetenzen auszubauen, die Integrationschancen und die Chancen einer positiven sozialen Eingebundenheit zu erhöhen, das Interessenspektrum zu erweitern, soziale Fähigkeiten und Fertigkeiten anzubahnen, auszubauen und zu festigen sowie Lernerfahrungen und korrigierende Erfahrungen im Gruppenkontext zu ermöglichen. Erfahrungen von Eingebundenheit, ähnlichen Erlebnissen, Interessen, Alltagsherausforderungen und Wahrnehmungen sowie von Unterschieden innerhalb des Autismus-Spektrums führen dabei in einem strukturierten und überschaubaren Rahmen ohne Ausgrenzungserfahrungen zu einem Ausbau eines positiveren Selbstbilds und zu einer positiveren Zuwendung zu Gruppensituationen auch im Alltag (z.B. Schule, Wohneinrichtung, Ausbildung, Freizeit). Positive Gruppenerfahrungen können dabei zusätzlich als Korrektiv zu bisher teils negativ-geprägten Gruppenerfahrungen wirken. Die in der Gruppe gemachten Erfahrungen von Gemeinsamkeiten und Unterschieden, von Stärken und Herausforderungen können ins Selbstbild integriert werden und tragen somit zu einer Identitätsbildung bei.
Das Gruppenangebot kann in Anbetracht der unterschiedlichen Zielsetzungen und Konstellationen im Grunde in zwei mögliche Formen unterschieden werden:
- Prozessbegleitende autismusspezifische Sozial-Kompetenz-Gruppe
- Schwerpunktbezogene autismusspezifische Sozial-Kompetenz-Gruppe
Prozessbegleitende autismusspezifische Sozial-Kompetenz-Gruppe
Die prozessbegleitende autismusspezifische Sozial-Kompetenz-Gruppe ist eine längerfristig angelegte Gruppenkonstellation, die in einer bestimmten Regelmäßigkeit (in der Regel alle 28 Tage) initiiert wird und einem organischen Zusammenwachsen eines Gemeinschaftsgefühls nahekommt. Bei dieser Form stehen die Identitätsbildung, die Auseinandersetzung mit den eigenen Interessen, Stärken und Herausforderungen in Relation zu anderen Teilnehmenden und zur gesamten Gruppe sowie die nachhaltige positive Entwicklung von Sozial-Kompetenzen im Fokus. Die Teilnehmenden entwickeln durch die Regelmäßigkeit der Gruppentermine und die klaren Strukturen der Einheiten ein belastbares Vertrauen, auch in die einzelnen Gruppenteilnehmenden, um sich auf soziale und teils korrigierende Lernerfahrungen einzulassen.
Schwerpunktbezogene autismusspezifische Sozial-Kompetenz-Gruppe
Schwerpunktbezogene autismusspezifische Sozial-Kompetenz-Gruppen gleichem ihrem Charakter nach am ehesten pädagogisch-therapeutisch moderierten „Interessengemeinschaften“, bei denen ein bestimmtes Projekt bzw. ein bestimmtes Thema im Fokus stehen. Dieses Format ist weniger durch eine Begleitung über einen längeren Zeitraum, sondern eher durch eine höhere Frequenz in einem kürzeren Zeitraum geprägt. Dabei geht es darum, ein bestimmtes Projekt sukzessiv zu realisieren oder an einem bestimmten Thema wertfrei, offen und fokussiert zu arbeiten und ein positives Gruppengefühl zu erfahren – als Korrektiv gegenüber eventuellen Ablehnungs- und Ausgrenzungserfahrungen, die im sonstigen Gruppenalltag (z.B. Schule) zu sozial-inadäquatem oder herausforderndem Verhalten führen können. Schwerpunktbezogene autismusspezifische Sozial-Kompetenz-Gruppen können durch ihren motivierenden und interessenbezogenen Charakter als Einstieg in eine prozessbegleitende autismusspezifische Sozial-Kompetenz-Gruppe dienen und somit als Vorbereitung einer Ablösung aus dem intensiven Einzelsetting heraus.
Die Konzeption dazu finden sie unten auf folgender Seite: Autismustherapie | Konzeption